“Was Macchu Pichu für Peru ist, ist der Salar de Uyuni für Bolivien.”, sprach Torge und so stand von uns von vornherein fest, dass wir uns die höchstgelegene Salzwüste der Welt einfach anschauen müssen. Gegen 12 Uhr nachts erreichten wir den sicherlich nicht sehr lebenswerten Ort Uyuni, der sich fast ausschließlich von Salz und Tourismus zu ernähren scheint. Zuvor berichteten uns zwei im Bus vor uns sitzende Mädels aus Deutschland, dass sie die kommende Nacht äußerst preiswert im Hostel “El Salvador” verbringen würden. Da wir am nächsten Tag eh um sieben Uhr wieder auf der Straße sein wollten, um eine Salar-Jeep-Tour zu buchen, taten wir es Lissandra und Theresa gleich und nahmen uns ebenfalls ein Doppelzimmer im El Salvador. Dies alles schreibe ich nur, weil es sich bei diesem Hostel mit Abstand um das größte Drecksloch handelt, in dem wir uns bisher aufgehalten haben. Wir können uns sicherlich mit geringen Standards arrangieren, aber bei dem Laden haben wir überhaupt nicht mehr verstanden, wie so etwas im Loney Planet mit “simple but clean” umschrieben werden kann. Alle Toiletten waren bis obenhin gefüllt, es gab weder für die Spülung noch für die Waschbecken fließendes Wasser. Die Bettwäsche war vergilbt, mit Flecken übersät und wenn man genau hinsah, hat man auch das ein oder andere schwarze Haar im Bett gefunden. Die Betten waren niemals frisch bezogen, so dass wir schnell zu dem Entschluss kamen, in unseren Schlafsäcken zu pennen. Maximaler Ekelfaktor!


Am nächsten Morgen herrschte auch sogleich Krieg in den Straßen von Uyuni. Koberer von ca. 80 ansässigen Agenturen fielen auf den Straßen über uns her, um uns eine dreitägige Salartour zu verkaufen. Nach harten Verhandlungen bekamen wir eine Tour für 600 Bolivianos (ca. 60 Euro), nachdem das erste Angebot noch bei 700 Bolivianos lag.


Man muss wissen, dass ein Toyota Landcruiser immer Platz für einen Fahrer und sechs Touristen bietet. Logischerweise schickt die Agentur ihr Fahrzeug erst los, wen es voll ist. Diese Denkweise führt dazu, dass die Touris zwischen den Agenturen hin- und hergeschoben werden. Und prompt geschah es, dass Lissandra und Theresa zu uns in den ’89er Toyota verfrachtet wurden. Alte Bekannte sozusagen. Hinzu kamen Sunny aus Südkorea und Joshi aus Japan und ab ging’s in die Wüste.


Zuallererst wurde der Cementario de los Trenes (Zugfriedhof) besichtigt. Hier rosten seit 60 Jahren alte Lokomotiven und Züge vor sich hin, die zu aktiven Zeiten Silber, Salz und andere Mineralien transportiert haben. Ein paar Fotos lassen sich hier schießen, aber das war’s dann auch. Spektakulärer wurde es, als wir im Anschluss den Salar de Uyuni erreichten. Die Salzwüste ist 12.000 km² groß. Man kann meilenweit gucken und der Untergrund ist fast ausschließlich weiß. Der Salar verleitet dazu, allerhand lustige Fotos zu knipsen (s. Torge auf Hut). Auch unsere in Sucre erstandenen Maskottchen John Rambo und Rocky Balboa fühlten sich auf dem ein oder anderen Salzhaufen sehr wohl. Der letzte Höhepunkt des ersten Tourtages war die Isla del Pescado – eine Insel, die aus der Ferne aussieht wie ein Fisch und die sich aus der flachen Wüste hervorhebt. Hier gibt es unter anderem 900 Jahre alte Kakteen zu bewundern, die Sunny im großen Stile fotografierte. Überhaupt fotografierte dieses äußerst sonnige Gemüt recht Ziel. Schließlich galt es, die 512 GB-Speicherkarte ihrer Kamera zu füllen. Ist so was in Deutschland schon auf dem Markt?


Gegen Abend bezogen wir unsere Zimmer in einem komplett aus Salz gebauten Hostel und insbesondere die vier Deutschen überkam eine große Lust, dem Alkohol zu frönen. Kurzum ging es zum benachbarten Rum-Fachverkäufer und es wurde ordentlich zugeschlagen. Uns erstaunten die niedrigen Preise für eine Rumflasche (2 Euro), doch die Erklärung ließ nicht lange auf sich warten. Alle Rumflaschen, die wir an diesem Abend leer tranken, waren gepuncht. Entweder wurde Wasser oder Cola hinzugekippt und auch die Etiketten und Flaschen waren Fälschungen. So kam es, dass wir auch nach drei geleerten Flaschen noch relativ nüchtern ins Bett gingen.


Der zweite Wüstentag stand ganz im Zeichen der Lagunen. Wir passierten mit unserem Jeep Lagunen in unterschiedlichsten Farben (Laguna verde, Laguna azul, Laguna blanca) und jede hatte so ihren Reiz. Außerdem hatten wir die Möglichkeit Hunderte von Flamingos aus nächster Nähe zu bewundern und Sunnys Digicam rauchte wieder.


Am dritten und letzten Tag unserer Wüstentour sollte es für uns ganz früh losgehen. Unser Guide Oscar setzte das Wecken für 4 Uhr an, damit wir Sunny und Joshi rechtzeitig an der chilenischen Grenze absetzen können und sie ihren Anschlussbus nach San Pedro bekommen. Diese doch so unchristliche Zeit passte den zwei deutschen 19-jährigen Abi-Absolventinnen überhaupt nicht und schon während des Abendessens, als Oscar noch sprach, ging das Gejammer und Gemecker los. Hier musste Torge erst mal ordentlich auf den Tisch hauen und es kehrte wieder Ruhe ein.


Bei eisigen Minusgraden verbrachten wir die Nacht alle zusammen in einem 6er-Zimmer und bei Sonnenaufgang ging es um 5 Uhr los. Auf 5200 Metern erreichten wir Geysire, die eifrig vor sich hin dampften und wir wagten auch den ein oder anderen Sprung durch die Dampfwolken, um uns ein wenig aufzuwärmen. Denn in unserem alten Toyota fehlte nicht nur die Klimaanlage, die Heizung war auch defekt. Zudem musste Oscar fast durchgehend mit offenem Fenster fahren, damit er trotz des extrem grellen Sonnenlichtes etwas sehen konnte. Der Kältetod war so nah…


Besserung war um 7 Uhr morgens in Sicht. Die Sonnenstrahlen erwärmten uns so nach und nach und wir konnten in 30 Grad warmen Quellen baden gehen. Herrlich! Jetzt fing der Tag so richtig an. Nachdem sich unsere Gruppe an der chilenischen Grenze etwas verkleinerte, stand noch ein Wüstenmarathon zurück nach Uyuni an: 7 Stunden lang Sand und Dreck und Steine und Bodenwellen, die einen jeden Knochen seines Körpers spüren ließen. Dazu eine Affenhitze und Staub, der einem das Atmen schwer machte. Unter solchen Bedingungen wünscht man sich, schnell im Ziel anzukommen. Doch es sollte anders kommen. Ein plötzlicher Leistungsabfall des Motors zwang Oscar anzuhalten. Und siehe da: Ein Kühlwasserschlauch war gerissen, der Motor überhitzt und das Kühlwasser im Wüstensand versickert. Dank Torges Survival-Messer konnte Oscar den Schlauch verkürzen und wieder anbringen. Allerdings war die Freude von kurzer Dauer, da eine halbe Stunde später erneut Wasser aus der Motorhaube heraussprizte und von den nachgefüllten 8 Litern Wasser (Wir hatten zum Glück in Uyuni aus Eigenantrieb noch 12 Liter Wasser gekauft und eingepackt) schon wieder einer fehlte. Oscar hatte die Idee, Torge und mich ins nächse “Dorf” zu schicken, um dort neues Wasser zu holen. Allerdings waren dort alle Gebäude verschlossen, es gab keinen Brunnen oder irgend eine andere Wasserquelle und Menschen waren sowieso Fehlanzeige….Wüste eben. Zurück am Fahrzeug hatten wir die Schnauze voll. Unser Trinkwasser war so gut wie aufgebraucht. Wir teilten Oscar mit, dass wir keine Lust hätten, unter den Voraussetzungen die Nacht in der Wüste zu verbringen und dass wir mit dem nächsten vorbeikommenden Fahrzeug nach Uyuni fahren würden. Prompt hielt ein anderer Landcruiser bei uns und der Fahrer, ein Guide einer anderen Agentur, war so feundich, uns alle mitzunehmen. Nur Torges Messer blieb mit Oscar zurück und dieser erfreut sich daran wahrscheinlich heute immer noch.


Zurück in Uyuni hatten wir noch ein Wörtchen mit der Dame in der Agentur zu bereden. Unser dreistündiger ungeplanter Wüstenaufenthalt führte dazu, dass wir unseren Nachtbus nach Tupiza verpasst hatten. Demzufolge wollten wir eine Entschädigung haben. Es war unser Glück, dass Torge die Tour bislang noch nicht bezahlt hatte und wir auch gesehen hatten, dass die defekte Stelle des Kühlwasserschlauchs im Vorwege schon einmal schlampig repariert worden sein musste. Auf dieser Argumentationsbasis konnte Torge einen Preisnachlass von 100 Bolivianos pro Person aushandeln und wir gönnten uns daraufhin einmal eine etwas bessere Unterkunft – mit Bad im Zimmer und einer nicht durchgelegenen Matratze.


//Chris