Sie winken und lächeln, strahlen über beide Ohren, und winken immer noch, wenn sich das Boot schon fast aus ihrem Blickfeld entfernt hat. Fröhliche Kinder an beiden Seiten des Flusses, nicht ein einziges lässt es aus, uns mit ungespielter Freude zuzuwinken. Mit etwa sechs Knoten schlängelt sich unser Boot auf dem Weg von Siem Reap nach Battambang durch den sehr schmalen Sangkae Fluss, an dem viele kleine schwimmende Dörfer angesiedelt sind, deren Häuser auf Flößen gebaut sind. Einmal am Tag kommt das von Touristen genutzte Boot hier durch, und gibt die Chance zur gegenseitigen Betrachtung. Die Khmer schauen freundlich und winken, wir winken zurück und richten unsere Kameras auf Gesichter, Boote und Behausungen.


Die Flussfahrt gibt genügend Zeit, sich über das Leben der Menschen Gedanken zu machen. Wir sehen viel Fischfang, sowohl mit kleinen Schleppnetzen, als auch mit Reusen und Netzhebekonstruktionen. Der Fluss bestimmt das Leben, der Wasserspiegel steigt während der Regenzeit stark an, deshalb die schwimmenden Behausungen. Der Fisch ist das tägliche Brot, die Lebensader der Menschen hier. Durch Handel mit den Bauern flussaufwärts kommen Reis und Gemüse hinzu. Unser Boot bringt einige Waren zu den Dörfern und nimmt andere auf. Am frühen Nachmittag kommt eine Schar an Booten entgegen, allesamt gelenkt von Kindern und Jugendlichen in Schuluniform. Hier und dort sieht man Familien beim Fischfang, mal Vater und Sohn, mal die Eltern oder mehrere Männer zusammen an den großen Netzen. Als Gesamteindruck bleibt die Harmonie des Einfachen, die idyllische Ruhe, sowie ein beeindruckender Einklang von Mensch und Natur.


Battambang ist Kambodschas zweitgrößte Stadt, und während wir dieser kommen verändert sich das Bild am Ufer. Zuerst mischen sich einzelne Häuser auf Betonstelen zwischen die Flöße, mit Generatoren bewässerte Felder lösen das vorher endlos scheinende Schilf ab. Weiter stromaufwärts schwinden die schwimmenden Häuser ganz, das Ufer ist dichter besiedelt, Holz- und Betonbauten wechseln sich ab. Zwischen den Häusern und dem Ufer sammeln sich bergeweise Plastiktüten und anderer Müll an. Hier, wo die Menschen nicht mehr auf und von dem Fluss leben, verkommt er zur Müllentsorgungsmöglichkeit, zum Abwasserkanal und paradoxerweise auch zur Badeanstalt. Das Leben im Einfluss der Stadt funktioniert nicht mehr nach dem Schema „von der Hand in den Mund“, die Einfachheit ist dahin, es ist komplizierter geworden. Leidtragend ist in den meisten Fällen die Natur, die nicht in die komplexen Handlungen des Stadtmenschen hineinpasst, und der hier kaum Respekt entgegengebracht wird. Dies ist nicht nur in Kambodscha so. Es wird nur am Sangkae Fluss durch den starken Unterschied auf wenigen Kilometern deutlich. Ich steige von Bord und niemand winkt mir zu. Aufmerksamkeit bekomme ich lediglich von den lästigen Tuk Tuk Fahrern, die mich ins nächste Hotel bringen wollen. Ich laufe lieber. Es war ein Ausflug in eine erschreckend fremde Welt. Leider!


Am Abend kommt mir ein unheimlicher Gedanke. War dies nicht die Vision von Pol Pot? Er jagte die Menschen aus den Städten, um von der Landwirtschaft zu leben. Wahrscheinlich hatte er dabei genau dieses Bild im Sinn, welches uns heute präsentiert wurde. Bevor mir der Mann sympathisch wird, rufe ich mir schnell die Grauentaten ins Gedächtnis, die dieser Vision dienten.