Um den Übergang in die neue Welt, den Schritt über die mexikanisch-amerikanische Grenze so richtig zu begreifen, werde ich wohl nicht umhin kommen, einen anschaulichen “Geschäftsbericht” abzuliefern. Im ziemlich überteuerten Hostel in Downtown San Diego angekommen, nehme ich die Chance zu einer ausgeprägten Geschäftssitzung auf dem Lokus wahr. Zwar wurde ich schon an der Grenze offiziel in den Vereinigten Staaten begrüßt, wahrlich angekommen in der neuen Welt, dem Westen, der “Ersten Welt” (entschuldigt diese hierarschisch beschriebene Perspektive der Weltaufteilung), bin ich jedoch erst jetzt und hier auf dem Pott. Vor mir hängt ein Comic, liebevoll gezeichnet wird illustriert, dass das benutzte Toilettenpapier doch bitte in der Kloschüssel und nicht im Abfalleimer zu entsorgen ist. Dieser Regelung entspreche ich gerne. In den letzten gut sechs Monaten wurden wir immer wieder durch ähnliche Schilder dazu animiert, das “Abgewischte” auf keinen Fall beim Spülen in den Abfluss zu befördern. Die große Freiheit kommt beim Sch….en!


So kann man sich so seine Gedanken machen, während man sich auf die kommende Woche in Kalifornien freut, ein reichhaltiges Paket an Aktivitäten, unterstützt von unserem Gastgeberpärchen Michelle und Ashlee, die uns in Newport Beach nicht nur ein “Home Base” bieten, sondern eine Reihe an typischen Erlebnissen ermöglichen, als da wären:

Surf’n’S’mores – Eine Stunde vor Sonnenuntergang stürze ich mich zum ersten Mal mit kurzem Surfboard in die Fluten von Huntington Beach. Reine Bestien, diese Bezeichnung passt sowohl auf die Wellen, die uns empfangen, als auch auf das Brett, das unter mir versucht, mich abzuschütteln. Chris sehe ich neben mir in den Fluten, an seinem Gesichtsausdruck sehe ich, dass er sich genauso fühlt wie ich. Die kurze, giftige Brandung ist noch nichts für uns. Gemütlicher ist es beim Marshmellow essen am Lagerfeuer, S’mores sind am Feuer erhitzte Marshmellows mit Schokolade und Keks, direkt vom Feuer in den Mund.


Gambling in Morongo – Danny der Dealer verteilt die Karten, neben mir setzt eine ältere, Chardonnay trinkende Frau ständig 200 Dollar, das Maximum an unserem Tisch, während Chris und ich uns eher ans Minimum, fünf Dollar, halten. Am Geruch erkenne ich, dass sie nicht gerade den ersten Wein des Tages schlürft. Vor mir liegen zwei Neunen, beim Dealer eine Fünf. Meine Nachbarin empfiehlt mir zu splitten, und ein paar Sekunden später habe ich meinen Einsatz verdoppelt. Bei der nächsten Runde schiebt sie mir und Chris einen 25 Dollar Chip unter unsere Fünfer, das bringt ihr Glück, so sagt sie. Nach einigen weiteren Chips, die in unsere Richtung wandern, kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen ihr und ihren Familienmitgliedern, die am anderen Ende des Tisches sitzen, und wahrscheinlich um ihr Erbe bangen. Wir spielen unbeeindruckt weiter unser Spiel, nach etwa zwei Stunden hat Chris seine Chips verspielt, ich gehe mit 402 Dollar vom Black Jack Tisch und tausche meine Chips in Cash. Chris probiert sein Glück noch kurz beim Roulette, wo er mit den letzten 10 Dollar innerhalb von acht Minuten auf 450 Dollar kommt. Ein glücklicher Abend!


Wakeboarding by the River – Die 500 PS starten durch und ziehen Chris durchs Wasser. Auf einem Knieboard macht er das ein oder andere Kunststück, unter anderem den “Pinkelnden Hund”, mehr oder weniger mit Absicht, trotzdem, an seinem Geburtstag kriegt er eindeutig eine 9,9 in der B-Note. Wir geniessen den Tag am Colorado River, wo Ashlee und Michelle einen Wohnwagen samt Speedboot haben, dass sich für viele Varianten des Wasserskifahrens eignet. So haben Filiz, Chris und ich viel Spaß beim Kneeboarding , Wakeboarding sowie wenn das Boot mit 55 Knoten durchs Wasser pflügt. Zum Abschluss zeigen Michelle und Ashlee nochmal ihre recht fortgeschrittenen Fähigkeiten in den Heckwellen des Bootes, pretty cool.


Nachdem wir gestern abend noch kurz den Geburtstag von Chris gefeiert haben, ging es heute ins Shamrock, wo Deutschland den ersten Sieg der EM eingefahren hat. Auf Hawaii werden wir die nächsten Spiele früh morgens schauen müssen, dank der Zeitdifferenz von 12 Stunden. Anstoss um Viertel vor Neun sollte jedoch kein Problem sein, denn Bier gibt es auf Hawaii ja bekanntlich eh keins….


//Torge