Irgendetwas hat sich verändert.


Es ist nicht die Sprache, die vom in Brasilien gesprochenen Portugiesisch wieder ins Spanische gewechselt hat. Es sind nicht die Preise, die nach den teuren Ländern Argentinien, Chile und Brasilien wieder aufs Niveau von Peru gesunken sind, was uns sichtbar glücklich macht. Es sind auch nicht die doch recht kühlen Temperaturen oder die dünne Luft auf 2640m in Bogota.


Wir stehen am Flughafen, sind ziemlich gerädert nach einer kurzen Nacht und langem Reise-Hickhack am Flughafen Sao Paulo. Wir suchen trotzdem nach dem günstigen Bus, statt einfach ins Taxi zu steigen. Als wir schließlich den richtigen Bus gefunden und eingestiegen sind, lässt der Fahrer uns wissen, dass er nicht genügend Wechselgeld für unsere 20.000 Pesoscheine hat (umgerechnet 10 Euro). Etwas gefrustet stehen wir an der Bushaltestelle und beschließen auf den nächsten Bus zu warten, als eine Frau uns anspricht, Geldscheine wedelt und etwas von Dollars faselt. Angenervt ob der vielen dubiosen Angebote an touristischen Orten winken wir ab und sagen, wir hätten keine Dollar. Es stellt sich jedoch heraus, dass sie uns die notwendigen 3.000 Pesos für zwei Bustickets schenken möchte. Etwas peinlich berührt steigen wir in den Bus und bezahlen den Fahrer.


Entspannt essen wir gerade die besten Empanadas Südamerikas, mit Abstand, unsere Gaumen sind unser Glückes Schmied. Fritierte Teigtaschen mit diversen unterschiedlichen Füllungen und eine reichliche Auswahl an Soßen, frisch zubereitet, ergibt eine Delikatesse – absolut empfehlenswert. Das Pärchen vom Nachbartisch blinzelt immer wieder zu uns herüber und beobachtet uns beim Schlemmen. Zum Abschied fragen wir den Wirt, ob wir ihn und seinen Laden fotografieren dürften, ein Selbstverständnis antwortet er stolz. Beim Rausgehen ruft nicht nur er uns ein lockeres Chau hinterher, sondern auch die drei Mädchen, die gerade das Lokal betreten haben, winken uns hinterher.


Ein Ausflug auf den Berg Montserrat bietet uns eine Aussicht über die gesamte Stadt Bogota, der Dunst verschleiert die Aussenbezirke. Wir sind mit dem Teleferico, der Seilbahn hochgefahren, immer wieder kommen auch Jogger keuchend am Aussichtspunkt an, die die Strecke zur körperlichen Ertüchtigung zu Fuss zurücklegen. Wir sind auch so schon aus der Puste bei 3200m. Ein Pärchen kommt auf uns zu und zeigt auf die Kamera, Chris macht sich bereit, ein Panoramabild von den beiden zu knipsen. Er hat sich jedoch getäuscht, statt hinter der Kamera soll er und ich vor der Kamera stehen. Das Mädchen will ein Bild mit uns beiden haben, ihr Freund lichtet uns drei freudestrahlend ab.


Wir laufen durch die Straßen von Bogotas Zentrum. Gruppen von in Schuluniformen gekleideten Jugendlichen kichern an der Strassenecke. Immer wieder fällt das Wort Gringo. Aus den Bussen schauen die Menschen uns länger als normal nach. Hawker an Strassenrestaurants springen uns in den Weg, lassen Kolumbianer aber unbehelligt. Menschen drehen sich um, manche starren förmlich. Die Szenen, die sich in Bogota abspielen, haben wir auch anderswo schon erlebt, wir sind nunmal Touristen und fallen auf. Hier in Bogota nehmen wir jedoch zum ersten mal eine Rolle ein. Die Popstarähnlichen Szenen, die Bedeutung, die wir Anscheinend haben, die Aufmerksamkeit, die wir erregen, kommt in einer Geballtheit, die wir anderswo nicht erlebt haben.


Da gleicht der Ausflug zum Polizeimuseum einer kleinen Erholungsoase. Unser Guide Paulo führt uns in Uniform durch das ehemalige Hauptgebäude der Nationalpolizei und zeigt uns alte Gefängniskutschen, Waffen und Medaillen. Höhepunkt des Besuchs ist jedoch im Keller die Ausstellung zur Verfolgung Pablo Emilio Escobars. Einst der siebtreichste Mensch der Welt, kontrollierte Escobar etwa 80% des weltweiten Kokainhandels, bevor er 1993 von Spezialeinheiten erschossen wurde.


Wie gefährlich Bogota und Medellin heute noch sind ist umstritten. Wir fühlen uns bisher sehr sicher und sehen die Löcher in den Strassen als größte Bedrohung an. Viele Gullideckel werden geklaut, um das Kupfer zu Geld zu machen. Abhilfe schaffen die neuen Hardplastikdeckel wahrscheinlich erst beim nächsten Besuch. Bis dahin muss man sich vorsichtig fortbewegen (Am ersten Tag haben wir gleich einen Unfall miterlebt. Eine junge Frau hat sich wahrscheinlich das Bein gebrochen hat, als sie durch ein Lücke in einem Gitterrost trat und fiel).


Die andere Gefahr scheint nur, dass man abhebt bei all den Blicken auf der Straße. Vorerst bleiben wir aber hier und rufen nicht: “Ich bin ein Star, holt mich hier raus!”


//Torge