Grenzübergang Costa Rica – Nicaragua, wir verlassen das Land der “Ticos” und freuen uns auf die “Nicas”. Die ersten treffen wir bereits direkt an der Grenze, wir fragen, wo und wann der Bus nach Rivas fährt und unterhalten uns ein wenig. Linda, Eduardo und Maria “arbeiten” direkt an der Grenze, sie bieten den aus Nicaragua ausreisenden Menschen die notwendigen Papiere an, weiterhin das Ausfüllen derselbigen. Einige Touristen fallen auf diese Masche herein, zahlen einen Dollar für die Papiere, die es 30m weiter, im Immigrationsbüro umsonst gibt. Jedoch sind die meisten Kunden unserer drei geschäftstüchtigen neuen Freunde analphabetische Nicaraguaner, die nicht wissen, wie die Formblätter auszufüllen sind.


Der Weg in die Selbständigkeit kann so einfach sein. Investitionskosten 10 Cent, schon hat man einen Kugelschreiber und kann sich an die Grenze stellen. Laufende Kosten gibt es nicht. Zugegeben, der Verdienst ist nicht gerade hoch. In einem Land wo das Pro-Kopf-Einkommen unter 3000 $ herumkrebst, dem zweitärmsten Land der westlichen Hemisphäre, sind zehn ausgefüllte Formulare am Tag dagegen schon ein akzeptables Gehalt.


Es gibt unzählige Beispiele, Menschen, die ähnlich wie unsere neuesten Nica Freunde erkennen, wo man aus Nichts einen Verdienst erzielen kann, frei nach dem Motto: ‘Hast du einen Kugelschreiber, stell dich an die Grenze.’


Da war der etwas schmierige Typ in Ica, der hektisch Arme wedelnd Patricia in die Parkbucht lotste und sich damit ganz klar im Dienstleistungssektor sah, für seine Dienste dann auch gleich ein paar Sol verlangte, und ein Lächeln präsentierte, was seinem Äusserem in nichts nach stand. Bei der Rückkehr steht dann der Parkplatzbewacher mit offener Hand neben dem Auto, er hat ja schließlich mehrere Stunden lang dafür gesorgt, dass nicht eingebrochen wird.


Oder wie wäre es mit der Sportskanone, die in Cartagena gleich mal einen 50m Sprint hinlegte, als zwei Touristen in der Mitte des Blocks vergeblich einem Taxi zuwinkten. Sein Spurt zur Strassenecke, das Ranwinken eines Taxis an dieser mehr befahrenen Straße, und seine Mithilfe beim Koffer einladen ließ er sich natürlich bezahlen. Da ist das gentlemanhafte Aufhalten der Taxitür für die Dame dann auch mal ‘inklu’.


In Bogota gibt es keine Telefonzellen. Kein Bedarf, an jeder Ecke stehen Männer und Frauen, ausgestattet mit fünf Handys, eins für jeden Mobilfunkanbieter. Der Minutenpreis ist unschlagbar, die Benutzung unproblematisch, lediglich die Privatshäre während des Gesprächs ist dem ein oder anderen Mitteleuropäer vielleicht ungenügend, aber das ist ein anderes Thema.


Sind deine Schuhe schmutzig (oder auch sauber, egal), und du schlenderst durch La Paz, zack, schon kniet ein Schuhputzer vor dir und poliert die Schuhe gleich dort auf der Strasse. Läufst du durch Rios Strassen und der Schweiß perlt dir von der Stirn, der nächste Adriano mit Styroporkiste und eisgekühltem Inhalt lässt dich nicht in Ruh. Ein paar Meter weiter am Strand, wo man ja bekanntlich einen guten Ausblick auf die Körper dieser Welt hat, stehen Tattoostecher bereit; Man könnte sich ja spontan dazu entschliessen, eine Kopie vom Arschgeweih des Strandnachbarn auf seinem Körper zu verewigen. Der passende Schmuck ist schnell gefunden, kein Dorf, auch noch so klein kommt ohne Strassenhändler aus, die Schmuck, Sonnenbrillen, Tücher, und weiß der Teufel was nicht veräussern.

Hast du einen Sonnenschirm, stell dich an den Strand und vermiete ihn. Schon bist du Sonnenschirmverleiher. Hast du ein Motorrad, fahr damit Leute von A nach B, schon bist du ein Mototaxi. Hast du eine Kapitänsmütze aber kein Boot, stell dich an den Steg und verlange Anlandegebühren von Touristen, schon bist du Hafenmeister. Hast du nichts, stell dich an eine Strassenecke und biete den Vorbeigehenden deine Hilfe an. Schließlich weist du, wo der nächste Schmuckverkäufer ist, wo man ein Taxi anhalten kann, wo ein Restaurant ist.


Bücher über Entrepreneurship sollten neu geschrieben werden, oder besser, sie sollten gar nicht geschrieben werden. Unternehmertum ist im Menschen verankert, ob mit sensationellen Geschäftsideen oder die Not zur Tugend machend, das Geld “liegt auf der Strasse”.


//Torge