Tierliebhaber werden es nicht gerne hören, aber ein Hundeleben ist in Nicaragua – wie in allen Ländern Lateinamerikas – leider nicht viel wert. Zunächst überfuhr der Fahrer unseres Strand-Shuttles mit seinem LKW einen Straßenhund kurz vor San Juan del Sur. Hinten auf der Ladefläche sitzend, hörten wir ein tief ins Mark dringende Gejaule, doch der Fahrer hielt es noch nicht mal für nötig, die Geschwindigkeit zu verringern und aus der Ferne sahen wir nur noch, wie die Dorfbewohner den halbtoten Hund an die Straßenseite zogen. Vier Tage später fuhren wir das erste Mal Taxi in Managua.


Auf einer der Hauptverkehrsstraßen nahm unser Taxifahrer einen weiteren Straßenhund mit. Es gab einen dumpfen Aufprall und ich konnte unter meinen Füßen spüren, wie sich der Hund noch mehrmals unter der Karosserie überschlug und dagegen stieß. Wie durch ein Wunder konnte sich der Hund wieder aufrappeln und rannte davon. Aber auch er wird sicherlich irgend welche Schäden davon getragen haben. Derselbe Taxifahrer schaffte es tatsächlich noch, einen weiteren Hund zu verletzen. Nachdem er uns bei unserer lieben Gastfamilie abgesetzt hatte, kam der kleine Haushund Bodi aus der Haustür gerannt und legte sich unter einen Reifen des Autos. Nachdem ich dem Fahrer noch Bescheid gegeben hatte, dass er nicht losfahren soll, weil ein Hund unter dem Auto liege, startete er den Motor und fuhr los. Bodis Bein wurde überrollt und weil alle schrien und der Hund wie am Spieß jaulte, blieb der Taxifahrer mit seinem Auto stehen – dummerweise genau auf der Pfote von Bodi. Nach ein paar fürchterlichen Sekunden war Bodi befreit und wurde von den Damen des Hauses sofort fachmännisch verarztet und verbunden. Gebrochen war glücklicherweise nichts.


Straßenhunde haben wir auf unserer Reise zuhauf gesehen. In einigen der bisher bereisten Länder soll es sogar mehr Hunde als Menschen geben. Teilweise sieht man sie ziemlich verwahrlost durch die Straßen laufen, sie reißen Müllsäcke auf, um etwas Essbares zu finden oder betteln Menschen an. Viele von ihnen haben Krankheiten, wurden durch Fahrzeuge verletzt oder von Menschen malträtiert. Oftmals ist es ein sehr trauriger Anblick und vielleicht hat so eine Stadt wie Medellin in Kolumbien wirklich Vorbildfunktion, wo es eine Tierschutzorganisation durch Sterilisationsmaßnahmen geschafft hat, Straßenhunde fast gänzlich aus den Stadtbild zu entfernen.


Nun aber zurück nach Nicaragua. Überschreitet man die Grenze von Costa Rica aus kommend, fallen einem zunächst zwei Dinge auf: Die Preise fallen rapide und Mädchen sind bereit, 5 Cordoba zu bezahlen, um ein Küsschen von uns zu bekommen. Mit beiden Veränderungen konnten wir sehr gut leben. Vom Flair her erinnerte uns das Land ein wenig an Peru oder Bolivien, da es auch sehr arm ist (ca. 2900 Dollar Pro-Kopf-Einkommen/Jahr, Lehrer und Polizisten verdienen ca. 150-200 Dollar/Monat) und sich ein Großteil des alltäglichen Lebens und geschäftlichen Treibens auf der Straße abspielt. Verkaufsstände, wohin man blickt und der nächste Taxifahrer, der das Geschäft seines Lebens witterte, ließ auch nicht lange auf sich warten. Sie können sich einfach nicht vorstellen, dass ein Tourist auch mal 500 Meter laufen möchte.


Die Transportkosten in Nicaragua sind unglaublich niedrig. Für sage und schreibe 20 Cordoba oder 0,66 € bringen einen in den USA ausrangierte Schulbusse durchs halbe Land. Touris nennen diese Transportmittel auch gerne einmal “Chicken Bus” und siehe da, in einem unserer Busse saß tatsächlich ein Bauer mit einem Huhn in der Hand.


Unser erster Zwischenstopp sollte die Insel Ometepe auf dem Lago Nicaragua sein. Die Insel ist zugleich die Heimat des wunderschönen und nach wie vor äußerst aktiven Vulkans Concepcion. Ständig war eine Rauchwolke über der Spitze zu sehen und endlich sahen wir auch einen Vulkan, der tatächlich die Form eines Vulkans hatte. Natürlich hätte man auch diesen Vulkan wieder besteigen können, aber da wir ja schon ein paar Tage zuvor den Vulkan Barú in Panama erklommen hatten, beschlossen wir, stattdessen eine schöne Fahrradtour über die Insel zu machen und verbrannten so ein paar Kalorien, die wir seit Beginn unserer Reise im übrigen sehr gerne in Form von Coca-Cola zu uns nehmen. Die schmeckt in jedem Land.


Weiter ging es nach San Juan del Sur. Wir hatten ja schon lange keinen Strand mehr gesehen. Und da es sich beim dem Ort um das Surfer-Mekka des Landes handelt, hatte ich keine Wahl mehr: Ich musste meine erste Surfstunde nehmen. Und ich muss sagen, es hat verdammt viel Spaß gemacht. Während sich am berühmten Strand von Maderas die Surfprofis in die perfekten Wellen stürzten, konnten meinen Klassenkameraden und ich stolz behaupten, dass wir an unserem ersten Surftag bereits auf dem Brett gestanden haben. D.h. die übliche StandUp-Quote unseres geduldigen Surflehrers Alfredo von 59 Prozent je Übungsgruppe haben wir locker übertroffen. Da Torge bereits ein Surf-Camp in Portugal besucht hatte, reihte er sich dort ein, wo es für ihn Sinn machte, nämlich zwischen den Profis und uns.


Auch hier noch einmal ein Hinweis auf die Gefahrenlage an solchen Orten: Der ein oder andere Reiseführer warnt davor, um San Juan del Sur herum Wege zwischen den Stränden zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen. Nachdem uns vier (!) verschiedene Touris berichteten, dass sie genau diesen Hinweis missachtet hatten und äußerst professionell von jeweils drei maskierten Männern mit Macheten und Messern bedroht wurden und somit wertvolle Dinge wie Surfbretter, Kameras und Geld abgeben mussten, wussten wir, dass der Shuttle das Transportmittel unserer Wahl war.


Nachdem wir uns bei Granada die Laguna de Apoyo angeschaut und die Halbinsel Asese mit einem Fahrrad erkundet hatten, ging es schon weiter nach Managua, der Hauptstadt des Landes. Dank meiner über alles geliebten Tine konnte ich den Kontakt zu ihrem Onkel Wilfried herstellen, der schon seit vielen Jahren mit seiner Familie in Nicaragua lebt. Leider konnte er während unseres Aufenthaltes nicht vor Ort sein, da er beruflich in Panama zu tun hatte, doch der Rest der Familie kümmerte sich sehr zuvorkommend und liebevoll um uns. Schon bei unserer Ankunft gab es Fußball im TV und gut gekühltes Bier und rund um die Uhr wurden wir von Virginia, Wilfrieds Frau, mit gutem Essen und allem, was wir brauchten, hervorragend versorgt. Sogar die Wäsche wurde für uns gewaschen. Vielen Dank, Virginia.


Wie Wilfried uns bereits vorab mitteilte, war Gladys, die Tochter des Hauses, unsere erste Ansprechpartnerin für das Nachtleben Managuas. Zusammen mit ihr und ein paar Freunden wurde der angesagteste Club der Stadt, das Mood’s, frequentiert, es wurde dort jede Menge konsumiert und wir wurden am Ende von ihr nach Hause chauffiert. Natürlich haben wir vorher den ein oder anderen Flor de Cana Gran Reserva genossen, einen durch und durch exzellenten Rum und vermutlich ist er sogar das bekannteste Exportprodukt Nicaraguas. Motivierend in der Hinsicht wirkte auch Stefan auf uns ein, ein Hamburger Jung und kiezbekannter DJ, mit dem wir schon in Granada ein paar Gläschen geleert hatten und in Managua natürlich noch mal auf unser Wiedersehen angestoßen haben.


Unterkunftsmäßig hatten wir nach Managua ein weiteres Mal Glück. Über Wilfried kontaktierten wir Klaus, einen weiteren Deutschen, der schon seit über 20 Jahren in Nicaragua lebt und am Telefon spontan zusagte, uns einen Tag später bei sich aufzunehmen. In Léon angekommen, hielt unser Taxifahrer am Ende einer Lehm- und Schotterpiste. Um uns herum sahen wir ärmliche Behausungen und eine große Mauer. Als sich das zugehörige Tor öffnete, waren wir dann sehr positiv überrascht und fühlten wir uns in eine andere Welt versetzt. Wir wurden freundlich von Klaus’ Frau Diana begrüßt, es gab zwei wunderschöne Gästezimmer für uns und der Hausherr persönlich führte uns wenig später über sein 7500m² großes Grundstück. Dabei zeigte er uns seine eigens gepflanzten Bäume und Pflanzen. Es gab Maracuja, Papaya, Avocado, Ananas, Cashew-Nüsse, thailändische Bohnen, Zitronen, Mango, Bananen und vieles mehr. Die meisten Früchte davon kennt man zwar aus dem heimischen Supermarkt, aber sie dann doch mal an einem Baum wachsen zu sehen, ist etwas ganz Besonderes. So ernteten wir auch eine Kakaofrucht, konnten uns angucken, wie getrocknete und geröstete Kakaobohnen aussehen und verspeisten das Endprodukt: eine superleckere, aus Deutschland importierte Alpia-Zartbitterschokolade.

Natürlich zeigte uns der Gärtner von Klaus noch, wie man eine Kokosnuss fachmännisch öffnet (siehe Video) und wir probierten den Saft und das Fruchtfleisch von Kokosnüssen mit unterschiedlichen Reifegeraden. Alles in allem war es ein sehr lehrreicher Tag für uns, den wir am Abend mit einem Leguan-Menü im Restaurant haben ausklingen lassen. Ein richtiger Leckerbissen! Während die Konsistenz an Shrimps erinnert, geht es geschmacklich in Richtung Huhn bis Schwein. Und ein ganzes Vieh mit Beilagen gab es schon für 5 Euro. Sehr empfehlenswert.


Die letzte Station in Nicaragua sollte für uns Somoto werden, das sich schon recht nah an der Grenze zu Honduras befindet. Dort entdeckten 2003 zwei Tschechen einen traumhaft schönen Canyon, der von da an touristisch genutzt werden sollte. Natürlich kannten die Einheimischen den Canyon auch schon vorher, nur ließ sich damals noch kein Tourist blicken. In dem Canyon selbst entsteht der größte Fluß Lateinamerkas, der Río Coco. Bis Oktober/November steigt der Pegel gigantisch an, doch jetzt im April war noch absolutes Niedrigwasser.


Warum kommt man also nach Somoto? Klar, um eine schöne Canyoning-Tour zu unternehmen. Zusammen mit unserem Guide Maudiel und der norwegischen Johanne machten wir uns auf den Weg. Über Stock und Stein ging es durch wunderschöne Schluchten, in der der ein oder andere Abschnitt auch schwimmend zurückgelegt wurde. Abgesehen davon, dass Maudiel eine handtellergroße Spinne aus ihrem Versteck holte und diese sich unter Wasser an meinem Bein festkrallte, gab es keine besonderen Vorkomnisse. Dass es sich um eine für den Menschen harmlose Spinne handelte und nicht um diese andere nicaraguanische Spinne, die Pferde beißt und tötet, erklärte er mir danach. Am Ende hatten wir noch die Gelegenheit, vom Canyonrand 10, 15, oder 20 Meter tief ins Wasser zu springen. Die 15 Meter habe ich mir an dem Tag noch mal zugemutet und ich bin nun fest davon überzeugt, dass ich seit dem Sprung in Montezuma meine Technik arg verbessert haben muss. Beim Aufprall hat gar nichts mehr weh getan.


Für heute schon mal ein erster Gruß aus San Pedro Sula, Honduras. Hier gibt es alles im Überfluss: Aids, Malaria, Drogen,Waffen, Raub, Mord, Totschlag und schöne Karibikstrände.


//Chris