Im Rückblick hatte meine Tour drei Abschnitte: Hamburg – Magdeburg, Magdeburg – Vidin, Sofia – Istanbul. Die ersten Tage in Begleitung waren ein Gruppenerlebnis, eine nette Himmelfahrtstour, sowie eine recht leichte Radtour auf gut markierten Wegen entlang der Elbe. Es wurde viel gelacht, gegessen und getrunken, es waren schöne Tage zusammen mit guten Freunden. Danach ging es alleine weiter und ich steigerte meine Kilometerleistung, lachte weniger, aber freute mich über die geraden Abschnitte entlang der Elbe und Donau. Ich traf andere Radler und Couchsurfing Gastgeber, ich erkundete neue Länder, und kam irgendwo in Ungarn so richtig in der Reise an. Dies ist sowieso eine Feststellung, die ich auf meinen Reisen gemacht habe, dass man etwa zwei Wochen braucht, bis man wirklich reist. Vorher bewegt man sich nur fort, man ist Tourist. Nach zwei Wochen, wenn man seine Wäsche gewaschen hat, wenn der Reisealltag zur Routine wird, und wenn man alles andere zurückgelassen hat, dann ist man in der Reise angekommen. Nach einer kurzen Zugfahrt von Vidin nach Sofia, begann der dritte Abschnitt. Berge und Meer statt Flüsse und Felder, anstrengende Etappen, die meine Leidensfähigkeit zuweilen testeten, aber auch Blicke, die der doch teilweisen Eintönigkeit entlang der Donau ins Gesicht lachten. Hier habe ich begonnen, meine Routenwahl zu hinterfragen, leicht muss nicht unbedingt besser sein. Zugleich traf ich hier zum ersten Mal Radreisende, die weitere Ziele gesteckt hatten als ich. Ein wenig deprimierend. Österreicher auf dem Weg nach Teheran, Belgier auf dem Weg um die Welt (4-6 Jahre). Zeit, neues zu planen!?


Gestern war ich am Boden. Die Etappenplanung für die Strecke Gelibolu – Erdek war mit 130 Kilometern und 1500 Höhenmetern bereits am Limit, da gesellte sich auch noch ein strammer Wind von guten 5 Beaufort dazu, natürlich von Vorne. Mit Hängen, Würgen und tauben Oberschenkeln schaffte ich es zum Zielort. Es war die letzte lange Etappe, hier wartete ein schöner Strandbungalow auf mich, und das Magnum Eis samt Cola an der Tankstelle 25km vor Schluss haben mir nochmal die notwendige Energie gegeben. Heute strecke ich nun die Beine von mir, lasse es mir gut gehen und freue mich auf die Einfahrt nach Istanbul am morgigen Tag. Ich werde nicht über die sechs-spurige Autobahn fahren. Ich werde mich nicht mit dem ruppigen Verkehr auseinander setzen. Stattdessen werde ich lockere 22km nach Bandirma radeln und von dort die Fähre nach Yenkapi nehmen. So umgehe ich das Schlimmste und komme 6km vom Stadtzentrum an, wo ich mir für die nächste Woche ein Apartment gemietet habe.


Alles in Reichweite also. Mein Tacho liest im Moment 3.294km. Meine Schenkel und Oberarme zieren präzis-gebrannte Streifen, ich fühle mich als Trendsetter. Mein Rad hat durchgehalten, ohne Platten, ohne Riss der Kette. Ich bin nicht gestürzt und hatte keinen Unfall. Drei Bienenstiche musste ich verzeichnen. Durch den Fahrtwind unters Trikot geweht, scheinen sie es nicht gerne zu haben, wenn man sich an ihrer Landestelle kratzt. Ich habe es überlebt.


Tag 28, Thessaloniki - Asprovalta: 80km, 657Hm, 21,9km/h

Tag 29, Asprovalta - Xanthi: 150km, 856Hm, 22,1km/h

Pausentag

Tag 30, Xanthi - Feres: 148km, 842Hm, 21,8km/h

Tag 31, Feres - Gallipoli: 130,5km, 1123Hm, 20,8km/h

Pausentag

Tag 32, Gallipoli - Erdek: 132,6km, 1518Hm, 16,7km/h

Pausentag

Tag 33, Erdek - Bandirma - Istanbul: 27km, 325Hm, 17,8km/h